Am Freitag sind wir zu einer 2 Tage langen Wanderung im Nationalpark Iso Syöte aufgebrochen. Wir, das sind Nadine, Wolfi, Marko, Paul und ich. Mit dem Auto ging es 140 km nach Nordosten Richtung Kuusamo. Die Fahrt dauert ziemlich lange, da wir größtenteils auf vereister und verschneiter Straße fahren, die Reibung gleich null. Spätestens hier versteht man, warum die Finnen mit Spikereifen fahren... Ketten sind offiziell verboten, da sie den für die Spikes extra-weichen Teer beschädigen würde - bisher habe ich sie zum Glück auch noch nicht gebraucht. Im Eis auf der Straße sieht man die ganze Zeit tiefe Längsrillen von den finnischen Winterrädern mit den kleinen Stahlnadeln... Die restriktiven Geschwindigkeitsbeschränkungen nehmen mir aber sowieso ab, aufzupassen, denn meistens darf man nur 60 oder 80 km/h fahren.
Am Parkplatz in Iso Syöte angekommen, informieren wir uns erst mal im Nationalpark-Infozentrum zu den Open Wilderness Huts und den Wegen. Das Angebot Schneeschuhe auszuleihen, schlagen wir aus, da es nur zwei Paar gibt. Mit einer kopierten Karte und einem netten Aufbruchsfoto verlassen wir das Infozentrum... (das es hier Bären, Wölfe und Elche gibt, hat uns niemand verraten, das erfahren wir erst nach der Tour durch Zufall im Internet...).
- Beschriftung jeweils unter dem Bild -Kurz nach den Losgehen in einer weiten Senke auf der Loipe Richtung Ahmatupa-Hütte. Wir laufen bei ziemlicher Kälte, etwa -8 bis-11 Grad in Richtung der ersten Übernachtungshütte, die uns als Mittagspause dienen soll...
Zweit Schneehühner auf einer Birke - leider nur Holzhühner...
Die Loipe Richtung Ahmatupa-Hütte. Der Himmel schafft eindrucksvolle Stimmungen, eigentlich könnte man den Eindruck haben, die Sonne geht 5-6 Stunden lang die ganze Zeit unter, tatsächlich beschreibt sie aber einen flachen Bogen über dem Horizont im Süden.Paul aus Australien...
Bei jeder Kreuzung gibt es ausführliche Wegweiser, während man unterwegs auf dem Weg oft bestätigende Wegweiser vermisst. Vor allem beim späteren Spuren im tieferen Schnee hatten wir anfangs Probleme, den richtigen Einstieg zu finden...
Die weite der Landschaft ist wirklich beeindruckend, menschenleere kilometerweite Waldflächen, dazwischen flache Lichtungen in denen die Sonne ihre Strahlen auf die Schneeflächen wirft.
Selbst fotographiert. Wie man sieht ist es sehr kalt, die Ohren bleiben nur durch die Kombination von Stirnband und Mütze warm, der Kragen fest zugezogen...
Die Sonne steht den ganzen Tag (10-14 Uhr) dicht über dem Horizont und taucht die zauberhafte Winterlandschaft immer wieder in neue Stimmungen. Wir kommen aus dem Fotographieren gar nicht meher heraus...
Die hart gefrorene Loipe, hier Blick Richtung Süden. Unser Weg führt uns in Richtung des etwa 100 Kilometer entfernten Polarkreises nach Norden...
Mittagspause in der Ahmatupa-Hütte. Es ist ziemlich kalt :-) Das Mittagessen aus Brot, Wurst und Käse wird schnell verzerrt, da die Kälte unter die Kleidung kriecht. Nur wenn man sich bewegt, schafft man es, warm zu bleiben.
Nach der Ahmatupa Hütte geht es durch ungespurtes Gelände. Zum Glück finden wir den etwas schwierigen Anfang des Weges Richtung Toraslampi-Hütte. Der Schnee ist nicht sehr schwer, aber doch anstrengend zu spuren, da man bei jedem zweiten Schritt durch eine vereiste Zwischendecke unter der Pulverschneeauflage bricht.
Eine der eher rar gesähten Wegmarkierungen... Wir spuren durch tiefen Schnee über 4 Stunden lang Richtung Übernachtungsplatz. Verglichen mit der Loipe ist dieser Teil wesentlich interessanter, wenn auch ungleich anstrengender.
Wir kommen nur langsam vorwärts, etwa 1,5 km pro Stunde... Das Tageslicht wird schon immer weniger, die Sonne verschwindet hinter dem Horizont...
Um 15:00 wird es dunkel und wir müssen die nächsten 3 Stunden mit Stirnlampen weitergehen. Meine Batterien haben auf Grund der Kälte ihren Geist aufgegeben. Paul leiht mir zum Spuren seine Lampe... Der Weg führt durch flachen endlosen Wald, würde man den Weg nicht als breite Schneise zwischen den Bäumen sehen, könnten wir uns hier nicht orientieren!
Noch immer 1,6 km zu unserem Zielpunkt, der Toraslampi-Hütte! Wir sind etwas erschrocken, dass es noch so weit ist! Der Weg bis zur Hütte führt zu einem Fluss und dann weiter entlang eines Sees bis zur idyllisch gelegenen Hütte, direkt am Ufer. Zum Schluss zieht sich der Weg ziemlich und ich fürchte schon, dass wir die Hütte vielleicht nicht finden. Zum Glück läuft der Weg direkt an der Hütte vorbei, und ich bin ziemlich froh, als ich die Tür öffne, Ofen und Betten entdecke...
Die Schuhe sind nur noch einzige Eisklumpen, als wir an der Hütte angekommen sind. Marko hatte sich schon gewundert, warum sein Schuh beim Gehen so schwer war... Wir machen gleich ein Feuer, um uns wieder aufzuwärmen.
Marko im Eingang zur Hütte, links Nadine... Uns ist kalt und alle freuen sich auf das Feuer... So sitzen wir erstmal eine Stunde lang vor dem Ofen, wärmen uns die Füße vor der Öffnung der Herdklappe und genießen die Hitze des Ofens...
Es knistert und knackt im Ofen, er spendet uns erste Wärme und erhitzt unser Nudelwasser... Alle haben schon Hunger, deshalb essen wir Kekse und anderes im Voraus...
Hmm... Voila - Schoko-Doppel-Keks mit Käse und Salami... Eine der seltsamen Kombinationen dieses Wochenendes... Die anderen Kombinationen waren eher geistiger Art, nämlich Versuche deutsche Wörter direkt ins Englische zu übersetzen: Nachdem wir einen Tee aus unabgekochtem Schneewasser getrunken hatten (ausversehen) fürchteten wir uns, uns "overgiven" zu müssen, aufs Brot vor der Pasta schmierten wir uns ein "bread-on-painted" (=Brotaufstrich) und so weiter... Der Brüller des Abends kam von Wolfis Seite... Es gibt da wohl ein Tele-Tubbie-Fake, dessen Akteure Nazibazi und fotzi-motzi heissen. Auf Pauls frage, was denn diese beiden sowieso schon etwas ähäm-Namen bedeuten kam dann der Knaller von Wolfi :-) Näheres auf Anfrage...
Sockengalerie... Die Socken sind warm am nächsten Morgen, während die Schuhe am Boden festgefroren sind, als wir am Morgen aufstehen. Von uns hat noch keiner so eine Kälte erlebt, es ist einfach etwas völlig neues, ziemlich extremes!
Wir helfen ein wenig nach beim Nudelkochen, denn der Ofen heizt bei offener Herdklappe nur schlecht nach oben. Dank Kocher kommen wir dann schnell zu einem leckeren Essen - Pasta mit Pesto Genovese...
Spaghetti können soooooooo gut sein!!!! Beinahe wären sie mir beim Abgießen in den Schnee gefallen, dann hätten wir ein echtes Problem in Form von Nahrungsmangel gehabt! Die Nudeln, die mir bei dem Missgeschick auf die Treppe gefallen waren, sind sofort als steinharte Bänder am Holz festgefroren und ich hatte Mühe, sie mit einem Messer zu entfernen...
Im Hintergrund die Betten: Holzflächen mit ein paar Decken als Polster... Zum Glück wird es uns in der Nacht nicht zu kalt, nur Marko und Paul frieren sehr... Ich finde die Liegefläche allerdings ein wenig zu hart, eine Isomatte wäre nicht das Dümmste gewesen.
Morgendlicher Ausblick zum Fenster der Hütte... Es ist saukalt, und während ich noch im Schlafsack liege, ziehe ich den Kordelzug der Kapuze soweit wie möglich zu. Die kalte Luft, die ich einatme reicht mir schon... Es ist wirklich sehr kalt, ich schätze -17 Grad in der Hütte...
Kurz nach dem Aufbruch am Morgen... Draussen ist es anfangs unerträglich kalt, die Füße und Hände frieren. Wenn man ein Foto macht, wärmen sich die Hände erst nach 10 Minuten wieder voll auf, der Foto ist von einer dünnen Eisschicht bedeckt... Ich balle die Hände in den Fäustlingen zu einer Faust, da meine Daumen schon nach wenigen hundert Metern gefühlslos werden, außerdem spanne ich bei jedem Schritt meine Zehen ein, um die Durchblutung zu verstärken.
Die Sonne geht auf... In 4-5 Stunden wird sie schon wieder untergegangen sein... Die Kälte ist nach einer längeren Etappe zum Spuren im tiefen Schnee wieder aus meinen Gliedern gewichen.
Eindrucksvolle Stimmungen im Winterwald... Hier machen wir Pause, denn wir haben das Tiefschneestück für heute hinter uns. Aber wir laufen zunächst in die falsche Richtung des kreuzenden Weges - der sich zum Glück als Sackgasse entpuppt. Irgendwie kann man sich in dem Gelände hier nicht orientieren, mir fehlen markante Geländepunkte. Eine gute Karte und am besten ein GPS-Gerät würden hier viel mehr als bei uns helfen!
Auch heute müssen wir wieder ein Stück spuren, nach 4 km und unserem kleinen Umweg geht es aber schon auf der Loipe Richtung Parkplatz. Die Temperaturen sind eisig, die Atemfeuchte friert am Jackenkragen, am Halstuch, überall. Die Nasen triefen stark, der R... hängt als Eiszapfen an der Nase oder als gefrorener Schmierer am Handschuh... Ein Taschentuch kann man bei dieser Kälte weder herausholen noch mit den dicken Handschuhen anfassen...
Es ist bitterkalt - Nase und Hände tief gefroren... Marko, unser "Fotomodell" :-)
dick eingemummt, ich habe eine Windstoppersturmhaube, ein Stirnband und eine Mütze an, darunter ist es warm. Später, als es noch kälter wird, ziehe ich darüber sogar noch eine Kapuze!
Im Infozentrum angekommen wir erst einmal ein lange Rast zum Aufwärmen eingelegt. Nach dutzenden heißen Schokoladen und mehreren donut-ähnlichen sehr leckeren Gebäckstücken finnischer Abstammung treten wir die Heimfahrt auf völlig vereister Straße an. Vor dem Losfahren lassen wir das Auto im Stand erstmal 20 Minuten laufen, denn im Inneren bei -19 Grad friert der Atem sofort in der Frontscheibe und es ist auch besser für den Motor... Bei immerhin nur noch -7 Grad im Inneren starten wir dann Richtung Oulu. Nach einer halben Stunden haben wir dann komfortable 12 Grad im Auto...
Nach unserer Ankunft in Oulu gegen 18 Uhr nehme ich erstmal eine ewige heiße Dusche, genieße die Wärme unserer Wohnung und treffe mich dann im 19 Uhr noch mit den anderen auf eine Pizza im Pizzarestaurant Babel, hier gibt es für 5 Euro eine Pizza (riesig!!!) und einen Salat...
19.01.2007
2-Tages-Wanderung in Iso Syöte
Eingestellt von
Daniel Amersdorffer
um
10:00